Do, 2. Oktober 2025

DIE SCHATTENSEITEN VON «FAST FASHION»

«Obroni Wawu» – Kleiderberge aus dem Norden
«Obroni Wawu» bedeutet übersetzt «Kleider von toten weissen Männern». So nennen die Menschen in Ghana die Secondhand-Kleider, die dort jährlich im Wert von rund 200 Millionen Dollar importiert werden. Doch das ist nur ein kleiner Teil der globalen Textilabfälle: Jährlich fallen weltweit 92 Millionen Tonnen an – umgerechnet 57 T-Shirts pro Person.

Von Haute Couture zu Ultra Fast Fashion
Melanie Hanimann, Gründerin der Fashion-Agentur «The Hanimanns», lebte mehrere Jahre in Ghana und arbeitete zuvor im Marketing eines grossen Schweizer Modehauses. In ihrem Vortrag zeigte sie auf eindrückliche Weise, wie unser Konsumverhalten mit den ökologischen und sozialen Folgen der Modeindustrie zusammenhängt. Anschaulich schilderte sie ihren persönlichen Zugang zum Thema: Vor rund zehn Jahren wurde sie durch Besuche von Fashion Shows in Ghana erstmals sensibilisiert. Seither verfolgt sie kritisch die Entwicklung von teurer, massgeschneiderter Kleidung über Prêt-à-Porter bis hin zu «Ultra Fast Fashion», die heute alle zwei Wochen neue Kollektionen hervorbringt.

Textilabfall – ein ungelöstes Problem
Textilabfälle bestehen zu etwa 40 % aus bereits getragenen Kleidern und zu 60 % aus sogenanntem «Deadstock» – Überproduktionen, die nicht verkauft wurden. Rund 70 % davon werden direkt verbrannt, meist auf offenen Deponien. Der Rest wird als Secondhand-Ware umdeklariert. Was nicht erneut in den Handelskreislauf gelangt, endet ebenfalls auf der Deponie. Da Textilien aus Mischgeweben bestehen, ist Recycling kaum möglich – die weltweite Recyclingrate liegt bei lediglich 1 %.

Der Kantamanto-Markt in Accra
Besonders eindrücklich berichtete Hanimann vom Kantamanto-Markt in Accra, dem weltweit grössten Umschlagplatz für Secondhand-Kleidung: 30’000 Stände, 15 Millionen Stück pro Woche. Einerseits entstehen dadurch Arbeitsplätze, Reuse und Upcycling werden gefördert, und Gemeinschaften werden gestärkt. Andererseits schwächt der Handel lokale Manufakturen, belastet Umwelt und Gesundheit massiv und schafft neue Abhängigkeiten.

«Was jetzt?» – Möglichkeiten in Bülach
Die zentrale Frage «Was jetzt?» konnte an diesem Abend nicht abschliessend beantwortet werden. Doch es wurden konkrete Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt: weniger konsumieren, Secondhand kaufen, Kleidung flicken, auf nachhaltige Siegel achten, Slow Fashion unterstützen. Einen praktischen Einblick, was in Bülach bereits möglich ist, bot der interaktive Stand der Projektgruppe «Fair Trade Town» unter der Leitung von Barbara Guggerli. Diese hatte bereits im Mai einen Aktionstag zu fairer Textilproduktion organisiert.

 

Bildnachweis: ©hanimanns.com